Wohnpark Paulshöhe Schwerin

Erbbaurecht

Am 8. November 2021 hat die Schweriner Stadtvertretung beschlossen, dass die Flächen auf der Paulshöhe nicht verkauft werden, sondern im Eigentum der Landeshauptstadt bleiben und per Erbbaurecht zur Verfügung gestellt werden.

Die gesetzlichen Regelungen zum Erbbaurecht finden sich im Gesetz über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz - ErbbauRG)

Was bedeutet eigentlich Erbbaurecht?

Grundprinzip des Erbbaurechts ist, dass der Eigentümer des Grundstücks nicht identisch ist mit dem des Gebäudes. Der Erbbaurechtsgeber erlaubt, dass auf seinem Grundstück ein anderer, nämlich der Erbbaurechtsnehmer ein Gebäude errichtet. Dieses Bauwerk bildet mit dem Grundstück keine Einheit, sondern gilt als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts. Mit dem Erbbaurecht wird das Eigentum am kommunalen Grundvermögen nicht aus der Hand gegeben, es wird für künftige Generationen bewahrt und zugleich werden Bodenspekulationen vermieden.

Haushalten mit geringerem Einkommen wird damit trotz hoher Grundstückspreise die Bildung von Wohneigentum erleichtert. Auch Genossenschaften und andere Bauträger, die nicht an einem Weiterverkauf interessiert sind, können sich durch die nicht erforderliche Finanzierung der Grundstücke besser im Wohnungsbau engagieren.

Das Erbbaurecht ist ein grundstücksgleiches Recht und wird sowohl im Grundbuch wie auch im Erbbaugrundbuch eingetragen, und zwar immer an der ersten Rangstelle. Der Erbbaurechtsnehmer muss das Grundstück zeitnah und dem vereinbarten Zweck entsprechend bebauen, das Gebäude versichern und bei Zerstörung wiederaufbauen. Er muss das Gebäude instand halten und -setzen, das Grundstück unterhalten und die öffentlichen Lasten tragen.

Für die Festsetzung des Erbbauzinses ist zunächst der Grundstückswert ausschlaggebend, der bei Wohnungen mit üblicherweise 3 - 5 % (Gewerbe meist höher) verzinst wird. Der Grundstückswert ist jedoch keinesfalls das Kriterium für die frühestens alle 3 Jahre erfolgenden Erhöhungen. Diese sollen der Wertsicherung dienen und orientieren sich an den seit Vertragsabschluss eingetretenen Änderungen des Verbraucherpreisindexes.

Erbbauverträge wurden früher für 99 Jahre abgeschlossen. Inzwischen sind auch Laufzeiten von 75, 45 Jahren oder weniger durchaus üblich. Nach Ablauf erlischt das Erbbaurecht. Damit wird das Bauwerk zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks und fällt somit dem Grundstückseigentümer zu, der eine Entschädigung von mindestens zwei Dritteln des Bau-/Verkehrs wertes (ohne Grundstück) an den Erbbaurechtsnehmer zu zahlen hat.

Für die Entscheidung über die Abgabe von Grundstücken im Erbbaurecht statt im Verkauf sind vor allem die planerischen, wohnungs- und finanzpolitischen Zielsetzungen entscheidungsrelevant. Besondere Bedeutung hat vor allem die Förderung des Wohnungsbaus und die Einbindung einkommensschwächerer Haushalte. Die Erbbaurechtsverträge können im rechtlich vorgegebenen Rahmen frei vereinbart werden. So können soziale bzw. nachhaltige Aspekte genauso Eingang finden wie stadtplanerische Ziele.

Vor- und Nachteile des Erbbaurechts im Vergleich zum Kauf/Verkauf

Vorteile für die Erbbaurechtsnehmer
  • Nutzbarkeit von Baugrundstücken, ohne diese finanzieren zu müssen
  • Der Verbraucherpreisindex steigt wesentlich weniger als die Grundstückspreise
  • Erbbaurecht ist vorteilhaft bei hohem Kreditzinsniveau oder hohen Grundstückspreisen, aber auch bei hohen Baukosten, die die Finanzmittel bereits ausschöpfen
Vorteile für die Erbbaurechtsgeber
  • Erbbaurechtsgeber bleiben Grundstückseigentümer
  • Erbbauzins liegt derzeit über den Anlagezinsen bei einer Bank
  • Vorkaufsrecht wird in der Regel im Vertrag festgelegt
Nachteile für die Erbbaurechtsnehmer
  • Erbbaurechtsnehmer sind grunderwerbs- und grundsteuerpflichtig, obwohl sie nicht Eigentümer sind
  • Bei niedrigen Kreditzinsen (wie derzeit) ist der Erbbauzins höher als der Kreditzins
  • Im Gegensatz zu den Kreditzinsen steigen die Erbbauzinsen an
  • In einigen Punkten Zustimmungsvorbehalt des Eigentümers
  • Dauerschuldverhältnis, nach 30 - 40 Jahren ist ein Kredit getilgt, während Erbbauzinsen für die ganze Vertragsdauer in ansteigender Höhe zu bezahlen sind
  • Verkauf einer Immobilie auf Erbbaugrundstücken ist häufig problematisch
  • Bei Vertragsverlängerung wird der dann geltende Grundstückswert zugrunde gelegt
  • Bei Heimfall oder Vertragsablauf Entschädigung nur für das Gebäude, und zwar in Höhe von zwei Dritteln des Verkehrswertes
Nachteile für den Erbbaurechtsgeber
  • Kein Verkaufserlös, der zur Finanzierung der Infrastruktur verwendet werden könnte
  • Entschädigungsverpflichtung für das Gebäude nach Vertragsablauf (2/3)
  • Verwaltungsaufwand, Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen

Quelle: Gudrun Wolfrum "Um- und Neuorientierung in der Wohnungspolitik"  - Der Gemeindehaushalt 1/2021 - Seite 6